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Der NABU-Regionalverband Schwedt beschloss im Jahr 2014 sich verstärkt für den Insektenschutz zu engagieren. Es fand ein Treffen mit dem Bürgermeister statt, um für den Beitritt der Stadt zum Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ zu werben. 2015 wurde die Mitgliedschaft per Beschluss der Stadtverordnetenversammlung bestätigt.
Zunächst wählten wir eine 7.760 Quadratmeter große Brachfläche in der Stadt aus, die vom Pflanzeninventar schon gute Voraussetzungen als Lebensraum für Wildbienen hatte. Zur weiteren Optimierung wurde auf einer Teilfläche von circa 400 Quadratmetern die Oberfläche abgefräst und eine Wildsamenmischung ausgesät, die speziell hierfür von der Wildsamen-Insel Temmen (Uckermark) zusammengestellt wurde. Weiterhin wurde mit Kindern und Jugendlichen eine große Bienennistwand errichtet, wobei die Stadt das Gerüst lieferte. Auf Wunsch vieler Anwohner wurden zusätzlich zwei Infotafeln mit ausgewählten Wildpflanzen und zugehörigen Wildbienen aufgestellt, finanziert von der Stadtsparkasse Schwedt. Von Anfang an bezogen wir die Öffentlichkeit ein und nutzten dafür das „Rathausfenster“, das als Einlage im Amtsblatt alle Haushalte erreicht, sowie die Mieterzeitungen der Wohnungsunternehmen.
Spenden ermöglichen Erfolgskontrollen
Im Jahr 2018 erhielten wir von einer kleinen Firma eine Geldspende zur Unterstützung des Wildbienenprojektes und konnten damit eine erste Erfolgskontrolle in Auftrag geben. Es wurden 57 Wildbienenarten nachgewiesen, davon 14 Arten der Roten Liste (RL) Brandenburgs und 20 Arten der bundesweiten Roten Liste. Bemerkenswert sind zwölf oligolektische Arten (25 Prozent), dies bedeutet, sie sammeln Pollen nur auf einer einzigen Pflanzenart, -gattung oder -familie, z.B. die Ochsenzungen-Sandbiene (Andrena nasuta). Von den nachgewiesenen Arten legen 33 ihre Brutzellen im Erdboden an, 18 Arten bauen ihre Nester oberirdisch. Vier Arten haben eine parasitische Lebensweise (Kuckucksbienen).
Im Jahr 2021 erfolgte eine erneute Erfassung der Arten, finanziert vom NABU-Bundesverband aus dem Insektenschutzfonds (ISF). Dabei wurden zusätzliche 21 Wildbienenarten erfasst, das heißt, dass auf dieser Fläche insgesamt 78 Arten nachgewiesen wurden. Darunter die oligolektische Flockenblumen-Langhornbiene (Tetralonia dentata), eine Rote-Liste-2-Art der BRD.
Neue Flächen kommen dazu
Ab 2020 entwickelten wir auf einer zweiten 9.000 Quadratmeter großen städtischen Fläche entlang der Karl-Teichmann-Straße eine Wildbienenwiese, auf der ebenfalls eine Samenmischung ausgesät wurde. Im Jahr 2022 gab es auch hier eine Erfolgskontrolle: Insgesamt wurden 55 Arten bestimmt, darunter 13 oligolektische Arten und 20 Erstnachweise für Schwedt. Bemerkenswert ist das Vorkommen der sehr seltenen Späten Ziest-Schlürfbiene (Rophites quinquespinosus), die nur auf kleinblütigen Lippenblütlern Pollen sammelt, besonders auf der Schwarznessel (Ballota nigra), die dort ausreichend vorkommt. Die Biene ist in Deutschland stark gefährdet.
Bedeutend ist ferner der Nachweis der Filzigen Pelzbiene (Anthophora pubescens), RL 1 (Deutschland) bzw. RL 2 (Brandenburg), die nur noch in drei Bundesländern vorkommt. Zum Zeitpunkt der Erfassung gab es an der Karl-Teichmann-Straße noch keine künstlichen Nisthilfen und deshalb auch kaum hohlraumnistende Arten. Inzwischen stehen dort zwei kleinere Insektennistwände.
Auch die Wohnungsunternehmen ziehen mit
Die beiden Wohnungsunternehmen der Stadt Schwedt sind Eigentümer vieler Grünflächen. So lag es nahe, auch sie für den Insektenschutz zu gewinnen. Bei beiden Unternehmen fanden wir von Anfang an offene Türen. So beschloss die Wohnbauten GmbH anlässlich ihres 60jährigen Bestehens im Jahr 2020 sich selbst ein Geschenk zu machen, nämlich die Umwandlung einer 3.450 Quadratmeter großen Brachfläche in der Ehm-Welk-Straße (vormals Plattenbau) in eine insektenfreundliche Wiese.
Dazu wurde wieder regionales Saatgut eingesät. Die Erfolgskontrolle dieser Fläche im Jahr 2022, finanziert erneut über eine Zuwendung aus dem ISF, wies 68 Wildbienenarten nach, darunter 17 oligolektische Arten. Bemerkenswerte Arten sind Dünen-Seidenbiene (Colletes marginatus), Ochsenzungen-Seidenbiene (Colletes nasutus), Mohnbiene (Hoplitis papaveris), Kleine Spiralhornbiene (Systropha curvicornis, sie sammelt ausschließlich an der Ackerwinde Pollen) und die Gestutzte Fleckenbiene (Thyreus truncatus), eine Kuckucksbiene, die erst 2021 in Brandenburg neu für Deutschland entdeckt wurde. Auch die streng oligolektische Ochsenzungen-Seidenbiene kommt in Deutschland aktuell nur noch in Brandenburg vor.
Bei der Erfolgskontrolle wurde auch der NABU-Erlebnisgarten, der seit 1988 besteht, einbezogen. Zusammen konnten 49 Wildbienenarten erfasst werden. Damit wurden bisher in der Stadt Schwedt insgesamt 130 Wildbienenarten auf nur vier Flächen nachgewiesen. In Anbetracht der inzwischen 20 insektenfreundlich bewirtschaften Flächen dürfte die wirkliche Anzahl aber deutlich höher sein.
Dr. Rotraut Gille
Seit Mitte der 1980er-Jahre befasst sich Rotraud Gille mit Natur und Umwelt, insbesondere in Schwedt. Mit zahlreichen Auszeichnungen wurde sie für ihre vor allem stadtökologischen Aktivitäten geehrt.
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