Offener Brief der Angermünder Grünen an die Stadt Angermünde

Offener Brief  der Angermünder Grünen an den Bürgermeister und Abgeordneten der Stadt Angermünde zur Zukunft der Stadt Angermünde

Wir brauchen eine Wende in der Stadtpolitik Angermünde

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

werte Stadtverordnete der Stadt Angermünde!

Der MOZ v. 31.03.2011 war zu entnehmen, dass die Stadt Angermünde Vorbereitungen zur Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Angermünde 2020“ trifft.

Dieser Vorschlag seitens der SPD-Ratsfraktion kommt in schweren Zeiten. Angermünde steht – auch dank eklatanter Fehlentscheidungen einiger Stadtratsfraktionen in Sachen BWG- Privatisierung – sowohl finanziell als auch strukturell an einem Scheideweg. Die damit verbundenen hausgemachten finanziellen Belastungen schränken die zukünftige Bewegungsfreiheit der Stadt Angermünde erheblich ein. Hinzu kommt der Wegfall bzw. die erhebliche Reduzierung von Fördermitteln, auf deren Höhe die Stadt Angermünde jedoch keinen Einfluss hat.

Zu der geplanten Arbeitsgruppe stellen sich aus Sicht der Angermünder Grünen einige Fragen, die für das Gelingen des Vorhabens, das von den Grünen prinzipiell unterstützt wird, von großer Bedeutung sind.

1. Aus Sicht der Angermünder Grünen sind die – laut MOZ v. 31.03. – geplanten Themenbereiche der Arbeitsgruppe nur wieder eine Auflistung von Punkten, die sowieso auf der Tagesordnung stehen. Was soll denn heissen „ … dass der Titel staatlich anerkannter Erholungsort … kein Ruhekissen ist, sondern mit Leben erfüllt werden muss“? Der Stadt Angermünde fehlt ein Leitbild, das von allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt mitgetragen wird.

Die Grünen empfehlen dazu einen Blick über den Gartenzaun in andere Regionen und Städte, die bereits seit geraumer Zeit wirksame Lösungen für vergleichbare Probleme gesucht und gefunden haben. Wir verweisen zum Beispiel auf die Stadt Hersbruck (www.hersbruck.de) in Franken, die sich als erste deutsche Stadt der „Cittaslow“- Bewegung angeschlossen hat. Die Kriterien dieser europäischen Bewegung entsprechen im hohem Grade den zu diskutierenden Rahmenbedingungen, die auch für Angermünde auf der Agenda stehen: Umweltpolitik, Infrastrukturpolitik, urbane Qualität, Aufwertung einheimischer Erzeugnisse, Gastfreundschaft, Bewusstsein. Hersbruck hat sich seit der konsequenten Umsetzung dieser Kriterien zu einer dynamischen Modellregion entwickelt, die von nachhaltigem Wachstum geprägt ist. Hier ist auch für Angermünde ein Entwicklungsweg vorgezeichnet.

2. Es müssen jetzt unbedingt Instrumente diskutiert werden, mit denen die Beteiligung und Einflussmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger auf die Stadtpolitik deutlich erhöht werden kann. Eine Möglichkeit dazu ist der sog. Bürgerhaushalt. Der Bürgerhaushalt ist das erfolgreichste Partizipations-instrument der letzten Jahrzehnte. Damit kann auch sichergestellt werden, dass das zunehmend enger werdende finanzielle Korsett der Stadt Angermünde nicht ausschließlich zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger geschnürt wird. Die Angermünder Grünen fordern, dass Einführung eines solchen Bürgerhaushaltes unbedingt zum Inhalt der beginnenden Gespräche werden muss.

3. Die Bürgerbeteiligung muss sich darüber hinaus von Anfang an auch in dem Charakter und der Zusammensetzung der Arbeitsgruppe widerspiegeln. Die Grünen vertrauen auch hier auf das „Prinzip der Schlauen Menge“: größere heterogene Gruppen von Menschen finden gegenüber wenigen Fachleuten häufig bessere und nachhaltigere Lösungen. Der nötige Erneuerungsprozess muss von Anfang offen und transparent gestaltet werden und jedem interessierten Bürger und jeder Bürgerin v. a. auch aus den Ortsteilen offen stehen. Nur so kann ein wirklicher Erneuerungsprozess in der Stadtpolitik erreicht werden. Da stellt sich die Frage, ob die gewählte Form der „Arbeitsgruppe“ ausreichend ist? Wer entscheidet über deren Zusammensetzung? Welche Kompetenzen hat sie neben bereits existierenden Ausschüssen? Wie soll der Meinungsbildungsprozess verlaufen usw.?

Die Angermünder Grünen fordern als Auftakt eine „Bürger-Stadtkonferenz“, in der die gegenwärtige Situation offen und ehrlich dargelegt und im Ergebnis eine noch zu diskutierende Plattform unter größtmöglicher Bürgerbeteiligung gebildet wird. Dies kann auch eine Arbeitsgruppe sein.

4. Eine wichtige Frage ist ebenfalls die der Finanzierung eines solchen breiten Erneuerungsprozesses. Demokratische Teilhabe ist ohne finanzielle Unterstützung nicht zu haben. Das Geld im Landkreis und in der Stadt ist knapp. Deswegen kritisieren die Angermünder Grünen heftig die Untätigkeit der Kreisverwaltung und des Landrates, der es – trotz deutlicher Hinweise und angebotener Hilfestellung – versäumt hat, die großen finanziellen Möglichkeiten, die sich aus dem Bundesprogramm  „Zusammenhalt durch Teilhabe“ergeben hätten, für solche Prozesse der Bürgerbeteiligung zu nutzen bzw. seine Kommunen dabei zu unterstützen. Die Angermünder Grünen fordern die Stadtspitze auf, zukünftig sicherzustellen, dass solche Finanzmittel auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene für Bürgerbeteiligung konsequenter genutzt werden.

5. Die Angermünder Grünen sind bereit, ihr Engagement und ihre Kompetenz sowohl bei der Vorbereitung als auch bei Ausgestaltung des nötigen Erneuerungsprozesses aktiv einzubringen. Dies haben wir auch schon in unserer Presseerklärung vom 17. März zum Ausdruck gebracht. Das ist der beste Weg, aus den Vorkommnissen um die BWG-Pleite zu lernen.

 

Angermünde, im Mai 2011

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