Toxikologin stellt Gutachten zum Pestizidskandal vor

Quelle: Uckermark Kurier, 08.12.2011, Sigrid Werner

Mit einem Gutachten zur ökotoxikologischen Belastung eines Maisackers bei Stabeshöhe durch Pestizideinsatz geht der Kreisverband der Bündnis 90/Grünen an die Öffentlichkeit. Man wolle die Landwirte sensibilisieren und nicht mit Fingern auf sie zeigen.

Uckermark/Stabeshöhe.In seinen Reihen kann der Kreisverband der Grünen in Dr. Anita Schwaier auf eine erfahrene Toxikologin (i.R.) zählen, die einst die toxikologischen Wirkungen von Arzneimitteln vor deren Zulassung überprüfte. Mit ihrem Sachverstand aus einer langjährigen Tätigkeit in einem Pharmakonzern nahm sie im November 2011 jene drei Pflanzenschutzmittel und deren Abbauprodukte unter die Lupe, die auf dem Maisschlag bei Stabeshöhe nach Auskunft des Landesamtes für ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und FlurneuordnungFrankfurt (Oder) zur Anwendung gekommen sein sollen.
Anita Schwaier analysierte die in den Präparaten enthaltenen – zugelassenen – Wirkstoffe, Terbuthylazin, S-Metolachlor, Tembotrione, Glyphosat, einige Hilfsstoffe und Netzmittel. In den drei Präparaten habe sie zehn Einzelsubstanzen gefunden, die für Wasserorganismen schädlich sind, stellte sie in dem Gutachten fest. „Aber selbst wenn die Wirkstoffe und Toxine oft nur in scheinbar geringen Dosen vorkommen und für den Menschen bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr darstellen, so sind sie doch für die Umwelt insgesamt nicht ungefährlich“, erläuterte Anita Schwaier. Besonders in der Kombination mehrerer Wirkstoffe und Präparate komme es zu „additiven, potenzierenden und völlig neuen toxischen Effekten“, was bei Zulassungen und Gesetzen oft nicht berücksichtigt werde. Diese „Cocktails“ entfalten ihre giftige Wirkung vor allem bei grünen Wasserpflanzen, die wiederum Nahrungsquelle für Insekten, Amphibien, Fische und Vögel seien und in der Folge entweder nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen oder die giftigen Substanzen „weitergeben“. Da sich alle Oranismen vom Ei-Stadium an in wässrigem Milieu entwickeln, sei das Eindringen toxischer Herbizide in Gewässer wie das Soll bei Stabeshöhe so, als ob man die „Kinderstube“ aller im Wasser lebender Organismen vergifte. „Wir wollen nicht mit Fingern auf einen einzelnen Landwirt zeigen“, versicherten Birgit Bader und Regine Kik vom Grünen-Kreisverband. Land, Bund und Industrie seien in der Pflicht, bei der Zulassung von Präparaten ökotoxische Wirkungen heranzuziehen und mit Auflagen, Kontrollen eine Verseuchung der Umwelt zu verhindern. Auch Landwirte hätten Möglichkeiten, sich umweltschonend zu verhalten: So sollten sie so wenig wie möglich unterschiedliche Präparate verwenden, die Hänge nur parallel zu Höhenlinien pflügen und auf sehr leichten sandigen Böden und an starken Hangneigungen auf intensive Bewirtschaftung verzichten. Zudem fordere der Kreisverband, den Erhalt der Artenvielfalt im FFH-Gebiet der Jakobshagener Endmoräne mit der Ausweisung eines NSG zu stärken. „Dabei sind wir uns bewusst, dass Landwirte für Dienstleistungen für Natur- und Umweltschutz staatliche Ausgleichsleistungen erhalten müssen“, so Birgit Bader. Angebracht wäre auch die Überprüfung alter NSG im Biosphärenreservat angesichts veränderter Bedingungen bei der Bewirtschaftung der Wälder und Felder. So sollte geprüft werden, ob zum Beispiel nächtliche Holzeinschläge Biotope und Ökosysteme schädigen.


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